Krishna im Krieg

Seit geraumer Zeit – und Jeder kann dafür ein konkreteres Datum finden – befindet sich die Weltgemeinschaft lokal abgegrenzt oder auch übergreifend im Krieg. Kriege zählen zu den höchsten Formen der Gewaltanwendung, wenn ein gegenseitiger Interessenausgleich zwischen den Kriegsparteien nicht mehr möglich ist. Doch wann und wo der Ermessensspielraum ausgeschöpft ist, liegt im Auge des jeweiligen Betrachters …

Kriege bringen erhebliche menschliche und materielle Verluste und damit auch viel Leid mit sich, und „Leid“ ist eines der Hauptthemen, mit denen sich alle (spirituellen) Religionen und (materialistischen) Philosophien besonders auseinandersetzen. Sowohl im Buddhismus als auch im Hinduismus wird Leid immer in Bezug auf die uns umgebende Materie gesehen – einschließlich unseres eigenen Körpers. Aber diese Beziehungen sind immer geistiger Art, d.h. wenn wir an materiellen Dingen mehr oder weniger anhaften …

Mit anderen Worten ist „Leid“ eine spezielle Form von Kopfkino, wenn uns unsere Unabhängigkeit als spirituelle Seele von unserem materiellen Umfeld nicht bekannt ist oder wir diese vergessen haben – wir befinden uns dann in der Unbewusstheit (Tamas-Guna). Die intensive geistige Anhaftung bzw. Bindung an materielle Dinge führt zu Ängsten, die sich stets im Wandel befindliche und daher vergängliche Materie nicht festhalten zu können, zu Neid und Gier, diese Materie noch mehr anhäufen zu wollen, anstatt sie im Fluss des Lebens loszulassen, zu Hass und Gewalt, das angehäufte „Eigentum“ bzw. den „Besitz“ zu verteidigen oder sogar weiter zu mehren. Dabei wird grundsätzlich vergessen, wer ursprünglich die Materie erschaffen hat, wer deren eigentlicher Schöpfer und Besitzer ist: Im ureigentlichen Sinne sind es eben nicht irgendwelche Menschen, Unternehmer, Oligarchen, Könige, Kaiser oder Politiker …

Der ureigentliche Schöpfer, Besitzer und Genießer hingegen ist Gott – in den VEDEN auch Krisna genannt. Er ist als Überseele (Paramatma) in jedem Lebewesen präsent, ihm entgeht absolut Nichts und nur er überwacht, wie sich die von ihm ausgegangenen Lebewesen (individuellen Seelen) mit der sie umgebenden Materie auseinandersetzen können und dürfen. Zum Lern- bzw. Erinnerungsprozess, wer die Lebewesen (individuellen Seelen) wirklich sind, woher sie ursprünglich kommen und wohin sie gehen, zählen zuweilen auch leidvolle bzw. schmerzvolle Erfahrungen, so eben auch Kriege …

Kriege haben also scheinbar immer materialistische Gründe, die jedoch primär geistigen Ursprungs sind (s.o.): Wenn nämlich der Geist einer oder aller Kriegsparteien verunreinigt ist (sie befinden sich im Tamas-Guna), so ist ihnen nicht klar, dass sie ihre ursprüngliche Spiritualität und Unsterblichkeit vergessen haben. Durch leid- und schmerzvolle Erfahrungen werden sie wieder daran erinnert, was auch aus dem 9. Canto des Srimad Bhagavatam (Kapitel 24, Verse 56-59) hervorgeht (s.u.) …

Gott (Krisna) wirkt überwiegend transzendental, d.h. von Innen, und erscheint selten persönlich in seiner ursprünglichen Gestalt – aber dafür gibt es dann schon einen ganz triftigen Anlass, und er erklärt zugleich, wie er dann die Dinge regelt. Hieraus wird ersichtlich, wie die gegenwärtigen kriegerischen Auseinandersetzungen ausgehen werden – zu Gunsten von materialistischen Oligarchen und deren Helfershelfern oder zu Gunsten Derer, die immer Gott (Krisna) zugewandt ihr Leben gestalten: 


यदा यदा हि धर्मस्य क्षयो वृद्धिश्च पाप्मन: । तदा तु भगवानीश आत्मानं सृजते हरि: ॥ ५६ ॥

yadā yadā hi dharmasya
kṣayo vṛddhiś ca pāpmanaḥ
tadā tu bhagavān īśa
ātmānaṁ sṛjate hariḥ

Wann immer die Prinzipien der Religion sich verschlechtern und die Prinzipien der Irreligion zunehmen, erscheint der oberste Lenker, die Persönlichkeit Gottes, Śrī Hari, durch Seinen eigenen Willen.

* * *

न ह्यस्य जन्मनो हेतु: कर्मणो वा महीपते । आत्ममायां विनेशस्य परस्य द्रष्टुरात्मन: ॥ ५७ ॥

na hy asya janmano hetuḥ
karmaṇo vā mahīpate
ātma-māyāṁ vineśasya
parasya draṣṭur ātmanaḥ

O König, Mahārāja Parīkṣit, außer dem persönlichen Wunsch des Herrn gibt es keinen Grund für Sein Erscheinen, Verschwinden oder Wirken. Als die Überseele weiß Er alles. Folglich gibt es keine Ursache, die Ihn berührt, nicht einmal die Ergebnisse der fruchtbringenden Aktivitäten.

* * *

यन्मायाचेष्टितं पुंस: स्थित्युत्पत्त्यप्ययाय हि । अनुग्रहस्तन्निवृत्तेरात्मलाभाय चेष्यते ॥ ५८ ॥

yan māyā-ceṣṭitaṁ puṁsaḥ
sthity-utpatty-apyayāya hi
anugrahas tan-nivṛtter
ātma-lābhāya ceṣyate

Die Höchste Persönlichkeit Gottes handelt durch Seine materielle Energie bei der Erschaffung, Aufrechterhaltung und Vernichtung dieser kosmischen Manifestation nur, um das Lebewesen durch Sein Mitgefühl zu befreien und dessen Geburt, Tod und Dauer des materialistischen Lebens zu beenden. So ermöglicht Er dem Lebewesen die Rückkehr nach Hause, zu Gott.

* * *

अक्षौहिणीनां पतिभिरसुरैर्नृपलाञ्छनै: । भुव आक्रम्यमाणाया अभाराय कृतोद्यम: ॥ ५९ ॥

akṣauhiṇīnāṁ patibhir
asurair nṛpa-lāñchanaiḥ
bhuva ākramyamāṇāyā
abhārāya kṛtodyamaḥ

Obwohl die Dämonen, die von der Regierung Besitz ergreifen, wie Regierungsmitglieder gekleidet sind, kennen sie die Aufgabe der Regierung nicht. Folglich kämpfen diese Dämonen, die eine große militärische Stärke besitzen, durch die Anordnung Gottes gegeneinander, und so wird die große Last der Dämonen auf der Oberfläche der Erde verringert. Die Dämonen verstärken ihre militärische Macht durch den Willen des Höchsten, so daß ihre Zahl verringert wird und die Gottgeweihten eine Chance haben, im Kṛṣṇa-Bewußtsein voranzukommen.