DIE ZEIT (KALA)

Maßeinheiten sind eine Frage der Vereinbarung bzw. gesellschaftlichen Akzeptanz: Beispielsweise werden in Europa große Entfernungen in km angegeben, in Amerika jedoch in Meilen, kleinere in Meter, Dezimeter und Zentimeter, andernorts in Elle und Zoll. Bei Energien kennen wir u.a. Watt, Joule und PS, bei Drücken Bar und Pascal, bei Temperaturen Grad Celsius und Kelvin, bei Raummaßen Kubikmeter und Barrel. Alles in allem ist es nicht ungewöhnlich, dass zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Kulturen auch verschiedene Maßeinheiten gebräuchlich sind …

Nach vedischen (astronomisch begründeten) Berechnungen gelten im Vergleich zu heute solche Unterschiede auch für die Zeiteinheiten. Beispielsweise werden ganz Tage grundsätzlich in 2 x 12 Stunden halbiert und diese dann noch einmal weiter heruntergerechnet, so dass ein Vormittag aus 15 x 48 Minuten besteht und der Nachmittag ebenso unterteilt wird, d.h. ein ganzer Tag besteht aus 30 Einheiten. Warum man heute den Tag in 24 x 60 Minuten unterteilt, über 12 Monate unterschiedliche Tage hat und alle 4 Jahre ein Schaltjahr einschiebt, hat sich mir bis heute nicht erschlossen – man lebt einfach damit. Schauen wir uns nun einmal an, wie die Zeiten aus vedischer Sicht eingeteilt werden:

„Das letzte Teilchen der materiellen Manifestation, das unteilbar und nicht zu einem Körper geformt ist, wird Atom genannt.“ (Srimad Bhagavatam, 3. Canto, 11. Kapitel)

  • 2 Atome bilden ein unsichtbares Doppelatom
  • 3 Doppelatome bilden ein Hexatom bzw. „trasarenu“; diese Hexatome bzw. „trasarenus“ sind im Lichte eines mit Gaze leicht abgedunkelten Fensters als aufsteigende materialisierte Teilchen sichtbar
  • 3 Hexatome („trasarenus“) benötigen 1/1.687,5 Sekunden, um sich zu 18 Atomen (2 x 3 x 3 Atome) zu verbinden; diese Zeiteinheit wird „truti“ genannt (= 8/13.500 Sekunde)
  • 100 „trutis“ entsprechen 1 „veda“ (= 8/135 Sekunde)
  • 3 „vedas“ entsprechen 1 „lava“ (= 8/45 Sekunde)
  • 3 „lavas“ entsprechen 1 „nimesa“ (= 8/15 Sekunde)
  • 3 „nimesas“ entsprechen 1 „ksana“ (= 8/5 Sekunde)
  • 5 „ksanas“ entsprechen 1 „kastha“ (= 8 Sekunden)
  • 15 „kasthas“ entsprechen 1 „laghu“ (= 2 Minuten)
  • 15 „laghus“ entsprechen 1 „nadika“ bzw. „danda“ (= 30 Minuten)
  • 2 „nadikas“ bzw. „dandas“ entsprechen 1 „muhurta“ (= 1 Stunde)
  • 6 „nadikas“ bzw. „dandas“ entsprechen 1 „prahara“ (= 3 Stunden)
  • 1 „prahara“ entspricht ¼ eines hellen Erden-Tages bzw. ¼ einer dunklen Erden-Nacht bzw. 3 Erden-Stunden bzw. 180 Erden-Minuten bzw. 10.800 Erden-Sekunden
  • 4 „praharas“ entsprechen 1 „yama“ bzw. ½ hellen Erden-Tag bzw. ½ dunklen Erden-Nacht bzw. 12 Erden-Stunden bzw. 720 Erden-Minuten bzw. 43.200 Erden-Sekunden
  • 15 ganze Erden-Tage, bestehend aus jeweils ½ hellen Erden-Tag und ½ dunklen Erden-Nacht, entsprechen ½ Erden-Monat bzw. 360 Erden-Stunden bzw. 21.600 Erden-Minuten bzw. 1.296.000 Erden-Sekunden
  • 15 ganze „weiße“ Erden-Tage und 15 ganze „schwarze“ Erden-Tage entsprechen zusammen 1 ganzen Erden-Monat bzw. 720 Erden-Stunden bzw. 43.200 Erden-Minuten bzw. 2.592.000 Erden-Sekunden
  • 1 ganzer Erden-Monat entspricht 1 ganzen Pita-Tag
  • 2 ganze Erden-Monate entsprechen 1 Erden-Jahreszeit *)
  • 6 ganze Erden-Monate entsprechen 1 vollständigen Sonnenlauf von Süden nach Norden
  • 2 Sonnenläufe entsprechen jeweils 1 vollständigen Tag und 1 vollständiger Nacht im Planetensystem der Halbgötter bzw. 1 ganzen irdischen Kalenderjahr
  • 1 vollständiges irdisches Kalenderjahr (12 Erden-Monate) entspricht damit 1 vollständigen Tag im Planeten-System der Halbgötter (also einem hellen Tag und einer dunklen Nacht)

*) Die nochmalige Einsichtnahme ins Srimad Bhagavatam (3. Canto, 11. Kapitel, 11. Vers) ergab tatsächlich, dass nach vedischer Zeitrechnung 1 Erden-Jahreszeit lediglich aus 2 ganzen Erden-Monaten besteht, wonach die Veden 6 Erden-Jahreszeiten (rtus) kennen – wir hingegen kennen heute nur 4 Jahreszeiten (Frühling, Sommer, Herbst und Winter). Die o.a. vedischen Zeiteinheiten beruhen auf astronomischen Berechnungen. So ist es noch interessant zu wissen, dass ein vedisches Erden-Jahr aus 3 x 4 Monaten bzw. aus 6 irdischen Jahreszeiten (insgesamt 360 Erden-Tage) besteht, und jedes 3. Erden-Jahr einen 13. Monat aufweist. Unsere „moderne“ Zeitrechnung (Gregorianischer Kalender) hingegen rechnet jährlich mit 365 Erden-Tagen sowie alle 4 Jahre mit einem zusätzlichen Schalttag, der dann auf den 29. Februar gelegt wird …

Zu den Lebenserwartungen der Menschen, der Halbgötter und der ihnen in der Schöpfung folgenden Lebewesen finden sich im Srimad Bhagavatam ebenfalls genaue Aussagen:

  • 100 irdische Kalenderjahre entsprechen der (durchschnittlichen) Lebensdauer eines Menschen im Kali-Yuga („Zeitalter der Zeit“; dauert insgesamt 432.000 Erden-Jahre)
  • 1.000 irdische Kalenderjahre entsprechen der (durchschnittlichen) Lebensdauer eines Menschen im Dvāpara-Yuga („Zeitalter der Dualitäten“; dauert insgesamt 864.000 Erden-Jahre)
  • 10.000 irdische Kalenderjahre entsprechen der (durchschnittlichen) Lebensdauer eines Menschen im Tretā-Yuga („Zeitalter der Dreiheiten“; dauert insgesamt 1.296.000 Erden-Jahre)
  • 100.000 irdische Kalenderjahre entsprechen der (durchschnittlichen) Lebensdauer eines Menschen im Satya-Yuga, auch Kṛta-Yuga genannt („Zeitalter der Einheit“; dauert insgesamt 1.728.000 Erden-Jahre)

Wir befinden uns gegenwärtig im Kali-Yuga („Zeitalter der personifizierten Zeit“ bzw. von Kali), von dem erst ca. 5.000 Jahre vergangen sind. Ein gesamter Zyklus der 4 vedischen Zeitalter  dauert 4.320.000 Jahre und beginnt dann von neuem. Die Lebensdauer des ersten von Vishnu (eine direkte Erweiterung von Krishna) geschaffenen materiell verkörperten Lebewesens und Halbgottes Brahma errechnet sich folgendermaßen:

  • 1 Brahma-Tag = 1.000 Zeitalter-Zyklen = 4.320.000.000 Erden-Jahre
  • 1 Brahma-Jahr = 360 Brahma-Tage = 360.000 Zeitalter-Zyklen = 1.555.200.000.000 Erden-Jahre
  • 1 Brahma-Leben = 100 Brahma-Jahre = 36.000.000 Zeitalter-Zyklen = 155.520.000.000.000 Erden-Jahre

Brahma ist also auch körperlich sterblich, seine Seele (Jiva)  jedoch nicht. Während der Lebensdauer Brahmas wird die kosmische Welt von zahlreichen Manus regiert. Die vedischen Überlieferungen betrachten die Manus als die eigentlichen „Väter der Menschheit“. So gibt es aber auch noch Väter der verschiedenen Tiere, der Dämonen usw.. Die Lebzeiten der Manus sind auch begrenzt, wenngleich wesentlich länger als jene der Menschen:

  • 1 Brahma-Tag = 14 Manus
  • 1 Brahma-Jahr = 5.040 Manus
  • 1 Brahma-Leben = 504.000 Manus

Jeder Manu lebt demnach rechnerisch durchschnittlich 308.571.428,571.428.571 Erden-Jahre. In der Übersetzung und Erläuterung des Srimad Bhagavatam (4. Canto, 30. Kapitel, 49. Vers) durch A.C.Prabhupada lebt ein Manu durchschnittlich 71 x 4.320.000 = 306.720.000 Erdenjahre, doch was macht dieser Unterschied im Vergleich zur menschlichen Lebensspanne noch aus ? Das gegenwärtige Zeitalter wird von Vaivasvata Manu regiert.

Mehr über die (vedischen) kosmischen Zeitrechnungen finden sich u.a. auch hier und hier, wobei darauf zu achten ist, dass die klassische (vedische) Zeitenberechnung von der modernen Zeitenrechnung nach Sri Yukteswar in ihren Ansätzen abweicht – das Ergebnis bleibt aber letztlich gleich.