ARZT & HEILER

Die Ansichten darüber, was bzw. wer ein guter Arzt und Heiler ist, gehen bei uns weit auseinander: Fühlt man sich verstanden, behütet und geborgen, weil sich der Arzt oder Heiler für den Patienten Zeit nehmen, so werden sie als „gut“ klassifiziert – einschlägige Internet-Portale bieten solche öffentlichen Bewertungen, die auch immer subjektiv eingefärbt sind, an. Hingegen werden zuweilen Ärzte und Heiler, die auch mal „Klartext“ sprechen und sich nicht von Hypochondern beeindrucken lassen, als „schlecht“ bezeichnet. Auch werden Ärzte und Heiler als „erfolgreich“ eingeschätzt, wenn sie es (zumindest vorübergehend) geschafft haben, Krankheitssymptome zu beseitigen … die eventuell später an anderer Stelle in einer anderen Form wieder durchbrechen können …

Ein wirklich guter Arzt und Heiler kann jedoch nur Derjenige sein, der seinen Patienten stets im gesamten kosmischen Kontext, d.h. „ganzheitlich“ betrachtet. Das wiederum setzt voraus, dass Arzt und Heiler zum Einen auch dieses Gesamt-Weltbild verstanden und verinnerlicht haben, und zum Anderen, dass sie generell offen für Alles sind, was ihnen an Neuem zugänglich geworden ist – Borniertheit, Engstirnigkeit, Ignoranz, Fachidiotie, Standesdünkel, Abgehobenheit, großer Reichtum und Dergleichen, wie’s im Westen leider nicht selten ist, gehören hier einfach nicht hin. In der Caraka-Samhita werden daher ein guter Arzt und Heiler folgendermaßen beschrieben:

„Ein Arzt, der sündhaft handelt, keine Tugend und kein Wissen besitzt und dennoch  kranken Personen, die ihm vertrauen, Medizin verordnet, sollte als der personifizierte Tod angesehen werden … Deshalb  sollte Derjenige, der danach trachtet ein Arzt zu werden, sich bemühen, gute Eigenschaften zu entwickeln und sich Wissen anzueignen und so ein Wohltäter und Lebensspender der Menschen zu werden. Die Medizin ist als richtig angewandt zu betrachten, welche einen störungsfreien Zustand bewirkt, und der Arzt ist der beste, welcher den Patienten von Störungen befreit.“ (Caraka-Saṃhitā-Kompendium, Band 1, Kapitel 1.5. Der beste Arzt)

Anmerkungen: (1) Was unter „sündhaft“ und „tugendvoll“ zu verstehen ist, wird an andere Stelle genauer erläutert. (2) Mit „Wissen“ ist nicht nur ärztliches Fachwissen gemeint, sondern die grundsätzlich vorausgegangene Verinnerlichung der vedischen Philosophie. Mir ist nicht bekannt, dass bei angehenden Medizinern ein Studium der Philosophie, des Humanismus und Dergleichen über mehrere Semester (wie noch zu DDR-Zeiten) obligatorisch ist – wie kann man dann die Welt um uns herum wirklich und ganzheitlich erkennen ? (3) Mit „Medizin“ ist hier die Gesamtheit aller Mittel und Methoden gemeint, einen Patienten erfolgreich von seinen physischen und psychischen Leiden zu befreien.