Aus gegebenem Anlass (s.u.) greife ich zunächst einmal ein politisches Thema auf, nämlich das Menschenrecht auf Religionsfreiheit, das weltweit leider nicht allenorts gewährleistet ist. In Deutschland wird dieses Menschenrecht in Artikel 4 des Grundgesetzes (GG) geregelt, wobei noch einmal vorbehaltliche Einschränkungen in Artikel 140 GG aufgeführt werden. In Europa ist dieses Recht in Artikel 10 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) kodifiziert. Doch was ist der o.g. Anlass dieses Beitrages ? Es geht um die derzeitige Situation der Hindus und darunter der Vaishnavas in Bangladesh, die sich aber auch weltweit auf vergleichbare, einschlägig bekannte Diskriminierungen in anderen Ländern übertragen lässt:
Und warum ist für uns Bangladesh von besonderem Interesse ? Bangladesh ist ein geographischer Teil von Bengalen und dieses ist für die Hindus durch das Erscheinen und Wirken von Sri Caitanya (1486-1533) als unter den Gelehrten und Weisen allgemein anerkannte Inkarnation Krishna’s (Gottes) von außerordentlicher Bedeutung. Währenddessen die VEDEN, und darunter insbesondere die Purāṇas, den Weg zu Gott (Krishna) und Ihn selber beschreiben, so engagierte sich Sri Caitanya dafür, alleine nur Gott (Krishna) zu verehren, ohne unbedingt auf wissenserwerbende Studien, karmische rituelle Handlungen, spirituelle Befreiung usw. setzen zu wollen bzw. müssen. Das Erscheinen Sri Caitanya’s hat für die Vaishnavas die gleiche wertvolle Bedeutung wie das irdische Verweilen von Krishna selber vor mehr als 5.000 Jahren, also noch vor Beginn des Kali-Yugas – die damaligen Ereignisse sind ausführlich in den Purāṇas beschrieben …
Zu Zeiten Sri Caitanya’s wurde Bengalen von den Muslimen beherrscht und deren damaliges Oberhaupt als 18. Sultan von Bengalen war Nawab Hussain Shah. Die Geschichte des indischen Subkontinentes war schon lange vom Wechsel des Islam mit dem Hinduismus und Buddhismus geprägt. Wie diese Religionen bzw. Weltanschauungen miteinander auskamen, ist uns kaum bekannt, aber einschlägig in Erinnerung ist uns die unrühmliche Geschichte der kolonialen Besetzung durch die Briten in den letzten Jahrhunderten und deren „Rauswurf“ durch die insbesondere (aber nicht ausschließlich) von Mahatma Gandhi angeführte Befreiungsbewegung in den 1940-er Jahren, in deren Folge der indische Subkontinent „in weiser Voraussicht“ der Briten unter den Muslimen und Hindus „neu“ aufgeteilt hinterlassen wurde – die Briten und deren Vasallen hatten sich damit eine Hintertür offen gehalten, den Subkontinent über infiltrierbare religiöse Zwistigkeiten „im Auge zu behalten“ …
Da nun der Subkontinent in das muslimische West-Pakistan, das zentrale hinduistische Indien und wiederum muslimische Ost-Pakistan (Bengalen) aufgeteilt war, waren Zwistigkeiten vorprogrammiert. In Bengalen begann sich eine Unabhängigkeitsbewegung gegenüber die Herrschaft aus West-Pakistan herauszubilden, die letztlich in den 1970-er Jahren in der Unabhängigkeit des muslimisch geprägten Bangladesh’s mündete. Da das hinduistisch geprägte Indien überhaupt kein Interesse daran hatte, neben einer hypersensiblen Grenze zu West-Pakistan auch noch eine gefährliche Ostgrenze zu haben, über die damals noch West-Pakistan mitherrschte, unterstütze Indien diesen bengalischen Befreiungskampf, d.h. Hindus standen den bengalischen Muslimen bei diesem letztlich siegreichen Kampf zur Seite …
Seit dem hat Bangladesh innenpolitisch weiterhin eine sehr wechselvolle und teilweise auch sehr blutige Geschichte durchlebt, und zwar auch bis in die heutigen Tage. Im Andenken an die siegreiche Befreiungsbewegung von (West-) Pakistan haben einige Regierungsoberhäupter in Bangladesh dafür gesorgt, dass die Familienangehörigen der damaligen Kämpfer und deren Nachkommen bei der Vermittlung von Beschäftigungen in Regierungsämter und Dergleichen über eine Quotenregelung bevorzugt werden. Nun ist Bangladesh aber ein sehr bevölkerungsreiches Land mit einer sehr hohen Arbeitslosigkeit, das wegen seiner geographischen Lage regelmäßig von verheerenden Überschwemmungen heimgesucht wird, so dass die Landwirtschaft zusätzlich unter großen Verlusten leidet. Der Überlebenskampf lässt gerade die jüngeren Generationen vergessen, dass einst die Hindus zur Unabhängigkeit von Bangladesh mit beigetragen haben, so dass es für gewisse (innere und äußere) Kräfte ein Leichtes ist, die Schuld für alle wirtschaftspolitischen Schwierigkeiten auf sie mit abzuwälzen …
So kam es also im Juli 2024 wieder zu erheblichen Unruhen, bei denen insbesondere muslimische Randalierer gewalttätig Hindus verfolgten und deren Tempel zerstörten. Und obgleich sich die Situation scheinbar beruhigt hat, so werden jetzt hinduistische Arbeitskräfte von ihren muslimischen Arbeitgebern aus ihren bisherigen Jobs gedrängt – kommt das den Lesern dieses Beitrags nicht irgendwie bekannt vor … ?
Nachbemerkungen:
Wir selber (als Familie) erleben aus der Ferne diese Situation „hautnah“ mit, weil wir bereits seit längerem einen jungen Mann aus Bangladesh wirtschaftlich etwas unterstützen: Er ist ein fortgeschrittener Vaishnava und berichtet uns nahezu täglich von seinem Leben, seinen Träumen, seiner religiösen Gemeinschaft und der innenpolitischen Situation. Die gestrige Ankündigung, dass sein Arbeitgeber ihn in diesen Tagen entlassen wird, ist für ihn, der nur von einem sehr schmalen Lohn lebt, eine Katastrophe und macht uns wirklich sehr betroffen. Es ist für uns West-Europäer relativ leicht, in einer trockenen Stube und mit vollem Magen Religiösität zu üben – welche auch immer, aber bei einer existenziellen Bedrohung, die seit einigen Jahren weltweit sogar zunimmt, können alleine innige Gebete nicht immer helfen – es sei denn, sie werden von Anderen über Krishna’s transzendentale Wirken mit erhört …