Authentizität & Wahrhaftigkeit

Einige besondere Ereignisse in meinem gesellschaftlichen Umfeld veranlassten mich, die „alternative Heilkunde“, die „Esoterik“ und die „Spiritualität“ wieder einmal ins richtige Licht zu rücken. Der entsprechende Anlass ist leider immer der Gleiche, nämlich das unsachgemäße Vermengen der genannten drei Dinge untereinander und eine missverstandene oder bewusst verzerrte Bezugnahme auf bestimmte Lebenssituationen von an den Ereignissen mehr oder weniger beteiligten Personen …

Wie sich die o.a. Thematik in meinem eigenen beruflichen und auch privaten Leben zumeist darstellt:

(1) Von einem sogenannten „alternativen Heiler“, „Esoteriker“ oder „spirituellen Menschen“ vermutet die unbedarfte Allgemeinheit erst einmal, dass er immer ein „Bessermensch“ mit einer (außergewöhnlich) hohen Moral und Ethik ist. Dem zu Folge sollte u.a. ein „Heiler“ für seine Tätigkeit möglichst kein oder nur wenig Geld annehmen und ein „spiritueller Mensch“ in widrigen Lebenssituationen auch niemals Gefühlsausbrüche zeigen oder eine ganz persönliche Stellung beziehen, geschweige denn ins Geschehen überhaupt eingreifen. Mit anderen Worten wird also erwartet, dass dieser Personenkreis all seine körperlich-geistigen Veranlagungen, seine Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie seine Befindlichkeiten und Gefühle unterdrückt, sich selber also nicht wirklich lebt. Die Folgen dieser erwarteten Unterdrückungen wären dann allerdings eine unterentwickelte Authentizität, Lüge und Selbstlüge, zuweilen Irreführung und Täuschung der Klienten, Patienten oder anderer Menschen und sie können sich in der eigenen Erkrankung einerseits und in ernsthaften rechtlichen Problemen andererseits zuspitzen.

(2) Es hat sich in unserer Gesellschaft zunehmend „eingebürgert“, Auseinandersetzungen zu Sachthemen mit direkten persönlichen Angriffen aller Beteiligten zu vermengen. Um genauer zu sein, sind die sachbezogenen Auseinandersetzungen, wie z.B. Meinungsbildungen und -äußerungen, Richtigstellungen, Problemdiskussionen usw., oftmals lediglich nur noch Anlässe, die direkten und indirekten Beteiligten zu beleidigen, zu diffamieren oder gar zu bedrohen. Insbesondere solche anonym nutzbaren sozialen Medien, wie FACEBOOK, haben’s möglich gemacht und die „Kultivierung“ dieser billigen Verhaltensweisen mit unterstützt. Leider musste ich auch feststellen, dass Foren in öffentlich-rechtlichen Medien, die ursprünglich zur Kommentierung von Beiträgen eingerichtet wurden, ebenfalls auf ein niedriges BILD- und FACEBOOK-Niveau abgesunken sind. So ist es in der Öffentlichkeit nahezu kaum noch möglich, gewisse Sach-Themen rein privat oder aus der Sicht der „alternativen Heilkunde“, der „Esoterik“ oder der „Spiritualität“ zu beleuchten, ohne selber heftigen persönlichen Angriffen ausgesetzt zu werden.

Was also läuft hier schief … ? Während dessen der sogenannte „Normalo“, der sich mit der „alternativen Heilkunde“, der „Esoterik“ und der „Spiritualität“ thematisch noch nie tiefgründig befasst hat, bei der Auseinandersetzung mit gewissen Ereignissen bzw. Sachthemen in der Regel an Äußerlichkeiten festhält, die er selber wahrgenommen hat sowie von Anderen mehr oder weniger (un-) gefiltert übernahm, leicht dazu verfällt, Dinge (Objekte) und beteiligte Personen (Subjekte) in den gleichen Topf zu werfen, so dass es zuweilen nicht einmal mehr um die Sache als vielmehr um Personen selber geht, sollte man von alternativen Heilern, Esoterikern und sich selber als spirituell bezeichnenden Leuten erwarten können, dass gerade sie eine klare Trennung zwischen Subjekt und Objekt vorzunehmen in der Lage sind – doch auch hier oftmals weit gefehlt, denn viele von ihnen betrachten sich in einer gewissen Überheblichkeit als „Bessermenschen“, „Moral-Apostel“ oder „spirituell (außerordentlich) fortgeschritten“.

Daher sollte zunächst erst einmal wieder differenziert werden:

A) Als „alternative Heilkunde“ werden alle jene Heilverfahren bezeichnet, die der konventionellen westlichen (allopathischen) Medizin gerade nicht entsprechen, zu ihnen also zumindest theoretisch eine Alternative wären. Die westliche Medizin bezieht sich ganz klar auf ein atheistisch, materialistisch und objektiv ausgerichtetes Wissenschafts-Verständnis, wobei als „wissenschaftlich“ gilt, was mehr- oder vielfach unter den gleichen Bedingungen beobachtet und dann auch systematisch dokumentiert wurde. Auf Basis dieser „Wissenschaftlichkeit“ werden (grobstoffliche) medizinische Zusammenhänge untersucht, gedeutet und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit thesenhaft als „gesetzmäßig“ postuliert – mit „grobstofflich“ sind physisch-physiologische Erscheinungen und Prozesse gemeint. Geistige oder gar spirituelle Zusammenhänge bei gesundheitlichen Beschwerden oder Erkrankungen spielen nahezu keine Rolle, werden zuweilen einmal vermutet, kaum jedoch weiter untersucht.

Die „alternative“ Heilkunde hingegen ist in der Regel eine zumeist uralte Volksheilkunde, die überwiegend auf überlieferte und eigene Erfahrungen beruht und dabei („wie in früheren Zeiten“) insbesondere auch geistige oder sogar spirituelle Prozesse noch mit berücksichtigt – sie ist daher auch „ganzheitlich“. Neuartige „alternative“ Heiltechniken versuchen, in diese Erfahrungsmedizin moderne technische Geräte mit einzubeziehen, die jedoch nur so „perfekt“ sein können, wie ihre Entwickler in ihrem medizinische-technischen Wissen vollkommen sind. Hiermit unterscheiden sie sich kaum von der etablierten westlichen Medizin, findet jedoch kaum eine entsprechende Anerkennung und Lobby. Allerdings wäre es wegen ihrer Ganzheitlichkeit sinnvoll, diese Heilkunde nicht als „alternativ“ sondern als „komplementär“ zur etablierten allopathischen Medizin anzuerkennen und auch mitzunutzen.

B) Die Esoterik ist nichts Anderes als nur eine andere Form der Weltsicht ! Während dessen die in der westlichen Welt weit verbreitete Exoterik die Welt von Außen in all ihren Erscheinungsweisen betrachtet, miteinander in Beziehung zu setzen und dann (philosophisch) zu interpretieren versucht, schaut die Esoterik vorzugsweise hinter die Kulissen dieser Erscheinungen und ergründet, woher diese Erscheinungen ursprünglich kommen. Die Esoterik arbeitet nahezu gar nicht mit rationalen Algorithmen u.ä., sondern insbesondere  mit Gleichnissen, wie z.B. „Wie Oben – so Unten, wie Innen – so Außen“. Sogenannte „Zufälle“ gibt es nicht, zuweilen aber „Sychronizitäten“ (Zeit-Gleichheiten) – zumeist handelt es sich hierbei um kausale Ereignisse, die in längerfristige komplexere Prozesse eingebunden sind, welche vom einzelnen Betrachter wiederum nicht mehr detailliert nachvollzogen werden können. Alles in allem ist die Esoterik an sich noch nicht „spirituell“, wenngleich Zusammenhänge zwischen geistigen und materiellen Prozessen zuweilen erkannt werden, denn es werden auch von ihr in erster Linie nur materielle Erscheinungsweisen, Zustände und Prozesse beobachtet sowie interpretiert.

C) „Spirituell“ ist alles das, was eben gerade nicht materiell ist, sämtliche Materie jedoch ungehindert zu durchdringen vermag. Die Materie selber weist grob- und feinstoffliche Zustände und entsprechende Formen auf, d.h. solche, die mit unseren 5 Sinnen direkt wahrgenommen werden können, und jene, die nur indirekt wahrgenommen werden. Aus (ayur-) vedischer Sicht handelt es sich bei der grobstofflichen Materie um den Raum bzw. Äther, die Luft, das Feuer, das Wasser und die Erde in all ihren Spielformen. Die feinstofflichen (materiellen) Elemente sind das Ego bzw. „falsche Ich“ (Selbstbildnis), die (rationale) Intelligenz und der Geist (geistige Energie, Prana, Chi u.ä.). Sämtliche Materie ändert ständig ihre Zustände und Formen, vergeht also und unterliegt daher auch einer ständigen Neuentstehung bzw. Wiedergeburt und dem sogenannten Tod. Alles das, was diesen materiellen Prozessen jedoch nicht unterliegt und stets beständig ist, ist spirituell. Beispielsweise kann eine Geschichte, die in einem Buch zu lesen war, nicht dadurch zerstört werden bzw. sterben, nur weil das Buch selber mit der Zeit unleserlich geworden ist.

Ausnahmslos alle Lebewesen, ob u.a. Mensch, Tier oder Pflanze, sind von Natur aus spirituell, und ihre verschiedenen Verkörperungen sind materiell. Grundsätzlich besteht hier eine Einheit zwischen der grobstofflichen Verkörperung, der feinstofflichen geistigen Durchdrungenheit und dem spirituellen Kern (Seele). In sofern ist also kein Mensch spiritueller als ein anderer. Was sie hingegen unterscheidet, sind ihre körperlichen Veranlagungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Diese wiederum sind gerade deshalb so vielfältig individuell, weil sie im gesamten kosmischen Sein ganz verschiedene, zuweilen ähnliche, nicht jedoch die selben Aufgaben zu erfüllen haben. Mit anderen Worten gehört in unserem Körper eine Leberzelle auch ins Leber-Gewebe und hat im Herzen nichts zu suchen, aber alle Körperzellen üben von Natur aus gemeinsam (darauf liegt die Betonung) Funktionen aus, die den gesamten Körper am Leben erhalten.

Es ist also geradezu dümmlich, einen anderen Menschen dafür zu verurteilen oder sogar auszugrenzen, nur weil er anders aussieht, denkt und handelt als man selber ! Gibt es unter uns tatsächlich DIE Bessermenschen, alternativen Heiler, Esoteriker oder spirituell Fortgeschritteneren, die über ihren Mitmenschen stehen ? Oder ist es nicht legitim, Jeden seine ganz eigenen Veranlagungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten ausleben zu lassen, die ihn gerade ausmachen ? Beispielsweise kann und sollte auch ein Heiler dann authentisch sein, wenn ihn mal etwas aufregt, d.h. dann darf auch er einmal seinen Unmut herauslassen – ein schlechter Heiler wird er dadurch noch lange nicht, eher sogar ein Vorbild für jene Patienten bzw. Klienten, die sich unter einem falschen Anpassungs-Verständnis bisher selber nie wirklich ausgelebt haben und daher gesundheitlich Beschwerden oder gar Erkrankungen aufweisen.

In den uralten Veden allgemein, die sich überwiegend mit unserem spirituellen Sein (Seele), unseren tranzendentalen Beziehungen zum Schöpfer von allem was ist (Gott) und zu unserem kosmischen materiellen Umfeld (Schöpfung) befassen, als auch im Ayurveda speziell, das unsere Körperlichkeit und Geistigkeit noch tiefgründiger beleuchtet, wird geradezu NICHT (darauf liegt die Betonung) empfohlen, unsere Einzigartigkeiten zu verleugnen bzw. zu unterdrücken, sondern im höchsten (göttlichen) Interesse mit all unseren Veranlagungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, mit all unseren Kausalitäten (Karma), Mentalitäten (Grundeinstellungen) und Emotionen (Gefühlen) so authentisch wie möglich zu leben. Sofern wir daran nicht irgendwie gehindert werden, ist genau das völlig in Ordnung und liegt auch im höchsten göttlichen Interesse, denn wir selber sind „nur“ seine Geschöpfe und handeln auch immer nur in seinem Auftrage bzw. mit seiner Billigung, wenngleich uns das zumeist nicht klar ist und wir uns selber als Götter sehen. Nein – wir sind lediglich Gott-ähnlich, nicht jedoch Gott selber … !

Im Fazit also sollte sich Jeder einmal selber hinterfragen, wie gut er sich auch selber kennt, insbesondere in bestimmten Lebenssituationen, und er sollte sich einfach nur seiner Handlungsweisen und deren Folgen bewusst sein – um mehr geht es erst einmal nicht. Das Leben wird nicht von uns alleine gespielt und entschieden – zuweilen gelangt etwas uns vor die Füße, dem wir gerne ausgewichen wären, aber das ist für uns dann nicht vorgesehen und wir müssen die Situation so annehmen und bewältigen, wie wir selber gestrickt sind – möglichst authentisch und bewusst mit allen Wahrnehmungs- und Handlungssinnen – mehr dazu u.a. auch hier