Spätestens seit Herbst letzten Jahres kommt dieses Thema vermehrt auf, nämlich im Bezug auf eine „Islamisierung“ unserer westlichen Gesellschaft durch Flüchtlinge und Migranten aus dem Nahen Osten, aus Nord- und Mittel-Afrika oder aus Afghanistan. Was dabei am meisten als störend oder sogar bedrohlich empfunden wird, ist die Verschleierung der Frauen, die sich dem Islam zuwenden und die das angeblich unter der Knute einer männlichen Herrschaft tun. Doch was haben diese Äußerlichkeiten wirklich mit dem Wesen unseres Mensch-Seins zu tun … ?
Die ursprünglich altindische Gesundheitslehre und Heilkunst AYURVEDA, die bekanntlich auch auf der ganzen Welt uneingeschränkt einsetzbar ist, ist selber zutiefst spirituell durchdrungen, wenngleich das zunächst vielen Klienten oder Patienten entgeht. Der spirituelle Hintergrund wird dann jedoch in Äußerlichkeiten ersichtlich, wie z.B. in der Ausstattung von Behandlungsräumen mit hinduistischen Bildnissen und der Einbindung hinduistischer Praktiken. Wer sich selber damit nicht tiefgründiger befasst, dem werden diese Äußerlichkeiten etwas exotisch und dennoch sehr angenehm erscheinen. Oftmals wirft man sogar den Hinduismus mit dem Buddhismus in einen Topf, obgleich sie recht verschiedene Auffassungen von unserem menschlichen und weltlichen Dasein haben – Hauptsache es erscheint irgendwie fernöstlich …
Aber auch der Islam und der Sufismus sind nicht Ein- und Dasselbe – der Sufismus stellt eine besondere mystische Strömung innerhalb des Islam dar, so wie der Buddhismus einmal aus dem Hinduismus hervorgegangen ist. Letztlich gibt es auch im Christentum die verschiedensten Richtungen, die sich scheinbar sogar sehr konträr gegenüberstehen, und das Christentum ging aus dem Judentum hervor. Wie jeder religiöse Mensch unabhängig voneinander bestätigt, nimmt seine Religion ausdrücklich Bezug auf ein Schöpfungswesen, das eine Bezeichnung bzw. einen Namen hat und für ihn sichtbar oder unsichtbar bzw. darstellbar oder nicht darstellbar ist. Dieses Schöpfungswesen, das wir in unserer westlichen Kultur als „Gott“ bezeichnen, ähnelt sich in all seinen Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten so sehr, dass es sich letztlich immer wieder um Ein das Dasselbe handeln muss …
Doch was haben nun die religiösen Äußerlichkeiten damit zu tun, die uns zuweilen anziehen, in anderen Fällen aber beängstigen ? Das eigentliche Ziel einer jeden Religion ist die natürliche Wiedereinbindung des individuellen Lebewesens in die gesamte Schöpfung und zugleich die Rückverbindung mit dem Schöpfungswesen, das wir „Gott“ nennen. Unter einer „natürlichen Wiedereinbindung“ sei die Wiederintegration in unsere gesamte natürliche Umwelt ohne Einflussnahme durch unseren materiell orientierten Verstand gemeint. Es sei an dieser Stelle nochmals daran erinnert: Wir Menschen sind unsterbliche spirituelle Lebewesen in einem sterblichen materiellen Körper ! Also – alle religiösen Praktiken, zu denen auch die Ausgestaltung von Räumlichkeiten, die Bekleidung und ebenso Rituale gehören, sind HIlfsmittel, unseren materiell orientierten Verstand immer wieder auf das o.g. eigentliche Ziel auszurichten. Der Verstand nämlich lässt sich von unseren Sinnesorganen beeindrucken und diese sind immer auf (vergängliche) materielle Äußerlichkeiten gerichtet. Es ist daher intelligent, den Verstand über religiöse Äußerlichkeiten in die Richtung zu lenken, die unser eigentliches (spirituelles) Mensch-Sein wirklich betreffen …
Sicherlich mögen einige religiöse Äußerlichkeiten für uns befremdlich erscheinen, aber im Kern geht es immer wieder um das gleiche Thema. Was liegt jetzt nicht näher, sich einmal mit den Menschen zu unterhalten, die das gleiche Lebensziel auf eine andere Weise als wir selber zu erreichen versuchen ? Ablehnung führt zur Beschränktheit, Offenheit führt zu mehr Weisheit. In diesem Sinne … atma namasté …