Die altindische Gesundheits- und Heilkunde AYURVEDA („Wissen vom Leben“) ist ein spezieller Wissenchaftszweig der überlieferten uralten VEDEN („Wissenschaften“) und bezieht sich eben auch darauf. Beim Studium der Überlieferungen, die die KOSMOGENESE („Entwicklung des Universums“) betreffen, treten zuweilen in den gleichen Schriften Widersprüchlichkeiten auf, die sicherlich einer (Er-) Klärung bedürfen …
Bereits an anderer Stelle wurde vermittelt, aus welchen 24 Elementen unsere materielle Welt aus vedischer Sicht zusammengesetzt ist. Einige Überlieferungen bzw. Philosophien sprechen auch von 25 Elementen, wenn man z.B. die Zeit („Kala“) mit hinzufügt, andere sogar von 36 Elementen. Wir wollen uns an dieser Stelle jedoch nur auf die 5 grobstofflichen Elemente „Äther“, „Feuer“, „Luft“, „Wasser und „Erde“ beziehen, aus denen unser gesamtes Universums, unsere Natur und auch unser eigener Körper unter anderem bestehen:
Zunächst findet man in diverser Ayurveda-Literatur die Auflistung der o.g. 5 Elemente in genau folgender Reihenfolge:
1. Äther (Raum)
2. Luft
3. Feuer
4. Wasser
5. Erde
Das wirft die Frage auf, ob diese Elemente auch in genau dieser Reihenfolge aus dem „Mahat-tattva“ (noch unmanifestierte Materie ohne spezifische Zustände und Formen) entstanden sind oder warum sie in dieser Reihenfolge aufgezählt werden. Im „Srimad Bhagavatam“ wird die Entstehung des Universums durch Gott als Person selbst („Krishna“) mehrfach beschrieben und in der Fassung von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada noch ausführlicher erläutert. Beispielsweise lautet die Übersetzung im 3. Canto, 26. Kapitel, 49. Vers:
„Da die Ursache auch in ihrer Wirkung vorhanden ist, kann man die Merkmale des ersteren im letzteren beobachten. Das ist der Grund, warum die Besonderheiten aller Elemente in der Erde allein existieren“
Hiermit ist gemeint, dass die Eigenschaften der feineren materiellen Elemente zugleich in den gröberen Elementen vorhanden sind. Im Umkehrschluss muss das bedeuten, dass sich die feineren Elemente schrittweise zu den nächsten gröberen Elementen umwandeln und darin ihre Eigenschaften mit einbringen. Demnach enthält das Element „Erde“ auch die Eigenschaften der Elemente „Wasser“, „Feuer“, „Luft“ und „Äther (Raum)“ oder das Element „Feuer“ die Eigenschaften von „Luft“ und „Äther (Raum)“. Ist das wirklich so oder nur teilweise korrekt und warum ? Während dessen der o.a. Vers im Sanskrit, in der wörtlichen Übersetzung und in der lektoralen Überarbeitung diese genaue Erläuterung gar nicht enthält, findet man sie in diverser AYURVEDA-Literatur und auch in Prabhupadas Erläuterung genau so wieder – aber ich glaube, darin liegt ein Fehler:
Stellen wir uns einmal vor, dass wir Gott selbst wären und über noch unmanifestierte feinstoffliche Materie (-Partikel) verfügen würden. Und stellen wir uns weiter vor, dass wir aus diesem Mahat-tattva nun grobstoffliche Materie in verschiedenen Zuständen und Formen mit den unterschiedlichsten Eigenschaften (also diverse Elemente) herstellen wollen, dann sollten wir uns (bei aller göttlichen Intelligenz) zunächst darüber im Klaren sein, dass wir 3 produktive Komponeten miteinander zusammenwirken lassen müssen, damit etwas Neues daraus entsteht, nämlich die Arbeitskraft (AK = Gott oder wir), die Arbeitsmittel (AM = Maschinen, Anlagen bzw. andere Betriebsmittel) und die Arbeitsgegenstände (AG = Rohstoffe, Halbzeuge, Bauteile). Als AG bzw. Grundstoffe sind die feinstofflichen Partikel (Mahat-tattva) bereits schon vorhanden, und eigentlich müssen wir uns nur noch für die geeigneten Betriebsmittel entscheiden oder diese zuerst einmal herstellen …
Und genau darin liegt der Widerspruch in der Aufzählung, dass das Element „Luft“ noch vor dem Element „Feuer“ erwähnt wird ! Während dessen uns das Element „Äther (Raum)“ sozusagen die Werkstatt bietet, in der wir etwas neues erschaffen können, ist das Element „Luft“ überhaupt nicht dazu in der Lage, Grundstoffe in neue Zustände und Formen umzuwandeln – das kann nur das Element „Feuer“. Luft ist unter anderem beweglich, trocken und kühl, so dass sie sich für Transport-, Abkühlungs- und Kristallisations-Prozesse gut gebrauchen lässt, aber diese sind erst dann notwendig, wenn ein neues Zwischenprodukt durch Umwandlung hergestellt wurde. Demnach müsste die korrekte Aufzählung der 5 grobstofflichen Elemente korrekter Weise lauten:
1. Äther (Raum)
2. Feuer
3. Luft
4. Wasser
5. Erde
Man bedenke auch, dass die im AYURVEDA beschriebene schrittweise Bildung der Körperhauptgewebe, Untergewebe und Abfallstoffe („Dathus“, „Upadathusm“ und „Mala“) ebenfalls als Verdichtungen im Ergebnis von Stoffwechselprozessen gesehen werden, die unter dem Einfluss des körpereigenen Feuers („Agni“) stattfinden, d.h. ohne ein bereits vorhandenes Feuer (Agni) gibt es keinen Stoffwechsel, kein Wachstum, keine Regeneration und auch keine Heilung … !
Warum ist es nun so wichtig, sich mit diesem Thema so akribisch auseinander zu setzen ? Wenn man sich der ganzheitlichen Gesundheits- und Heilkunde AYURVEDA verschrieben hat, muss man auch sein Vorstellungsvermögen von den Dingen hinter den Dingen vervollkommnen, also auch die Logik hinter den Prozessen verstehen, die zumeist erst durch äußere Erscheinungen sichtbar werden. Ansonsten wird man irrtümlich die Ursachen von gesundheitlichen Problemen an falscher Stelle suchen und unangebrachte Therapien einleiten. Das betrifft aber auch alle anderen Prozesse in unserer natürlichen und gesellschaftlichen Umgebung, und durch Oberflächlichkeit oder Unwissenheit neigen wir dann zu Spekulationen oder erfolglosen „Symtombehandlungen“. Ich würde mich also freuen, wenn der eine oder andere Leser dieses Beitrags zur Erhellung der von mir vermuteten Widersprüchlichkeiten beitragen kann …